LIEBESPAARE

Eigentlich wohl eher ein Mai-Thema: Menschen, die sich verlieben. Ich zeichne erste Anfänge, erste Annäherungen. Was dann passiert, bleibt der Fantasie überlassen....




steffen und anne

Nach zehn Jahren sahen sich Steffen und Anne wieder, bei einem Klassentreffen. Damals war Anne schon dick, aber linkisch und schüchtern. Und Steffen hatte noch nicht wahrgenommen, wahrhaben wollen, daß ihn dicke Frauen besonders anzogen.

Beim Klassentreffen war Steffen fast in Ohnmacht gefallen, als Anne - etwas später als er - ins Lokal kam: Doppelt so breit wie damals, mit den weichsten Schenkeln der Welt - und einem süßen Kurzhaarschnitt. Und zwar ruhig, aber gar nicht mehr schüchtern, sondern kompetent, selbstbewußt und mit einem feinen frechen Humor. Geschäftsführerin einer kleinen Feinkostkette (“Ein Schreibtischjob - gut für die runde Linie”, sagte sie mit gelassenem Lächeln).

Sie trafen sich danach öfters, kamen sich näher, erzählten sich ihr Leben, ihre Verwundungen, ihre Erfolge - und an jenem Abend nahm sich Steffen ein Herz: “Anna, ich hab dich lieb, so wie du bist, so klug, so fein, so rund”. Anna sagte nur: “Ja”. Und wurde rot. Und es war still am Tisch der beiden, eine eigentümliche, gespannte, geladene Stille. Bald zahlten sie; “Einzeln, bitte”.

Und dann, wenige Schritte neben dem kleinen Lokal, im Dunkel der Nacht, im Schatten der großen Platanen, entlud sich das Gewitter, brach der Damm. Anna zog Steffen, der unsicher neben ihr ging, schnell und voller Kraft an sich, umschlang ihn, küßte ihn, er streichelte und liebkoste ihren weichen Körper, beide weinten und lachten durcheinander und...




fred und anita

Freds Talkshow (“Fred´s”) war gut eingeführt, die Quote konstant, mit manchen Ausschlägen nach oben. Fred war der gemachte Mann. Hübsche Freundin, schnelle Autos, gutes Geld.

Bis zu dem Tag, als sie das Thema mit den Dicken machten. “Machen jetzt alle”, sagte Hajo, sein Produzent, “machen wir jetzt auch: `Du bist zu fett für mich´, oder so...”.

Gut, das Thema wurde durchgezogen, drei Männer wurden eingeladen, die jeweils dicke Frauen ablehnten, eine Frau, die wegen eines Mannes 60 kg abgenommen hatte - und Anita, mit 255 kg sehr, sehr dick..

Für Hajo war Anita der Flop der Show: “Die war viel zu sehr im Mittelpunkt”, schimpfte er hinterher. “Und viel zu schön, ihr von der Maske, was könnt ihr die so sexy anziehen, Dicke müssen häßlich sein!”

Für Fred war Anita die Entdeckung schlechthin. Sie hatte ihn völlig gefangengenommen mit ihrer ruhigen Fülle. Drei Monat später war die Show abgesetzt, Hajo gefeuert, Fred aber war mit Anita auf Hochzeitsreise...




herbert und hanna

Vor einem viertel Jahr noch wäre sie so nicht aufgetaucht. Gut, es war damals Ende Februar, aber Hanna, die Verkäuferin, die von da an jeden Abend die Tagesseinnahmen bei Herbert in der Bank vorbeibrachte, bevorzugte nicht nur wegen der kühlen Jahreszeit weite sackartige Gewänder.

Herbert war sofort von Hanna fasziniert und nach wenigen Wochen verliebt - obwohl sie immer nur kurz ein paar Worte wechseln konnten. So schüchtern, so unsicher, wie ihm Hanna vorkam, versuchte er es mit einer indirekten Taktik: Er bekam ihre Adresse heraus - und schickte ihr inkognito “Dimensions” zu, jenes amerikanische Magazin für Dicke und ihre Liebhaber... . Nach wenigen Wochen meinte Herbert die Veränderungen zu sehen. Aufrechter kam Hanna in die Bank, manchmal sogar mit einem Hauch make-up, mit schöneren, besser sitzenden Kleidern. Und mit der Liebe stieg nun seine Verlegenheit, diese wunderbare Frau anzusprechen...

Dann plötzlich, im Mai: Drei Wochen keine Hanna; Herbert war ratlos... bis zu jenem Spätnachmittag Anfang Juni. Hanna wieder da - und wie! Mit einer enganliegenden ärmellosen Bluse, die mehr zeigte als verbarg - und jenem wunderbaren dunklen Rock, der ihre Fülle so betonte, daß alle Kunden in der Bank erstaunt zur Seite traten, als Hanna kam.

“Herr Borger, ich glaube, die gehören Ihnen”, sagte Hanna, “ich habe eine Weile gebraucht, um herauszubekommen, wer der edle Spender war...”. Lächelnd legte Hanna den kleinen Stapel Dimensions-Hefte auf den Tisch, Herbert wurde unsicher und rot... “Ich hab´s jetzt selbst abonniert, ist ja ein tolles Magazin. Danke für den Tip! Und, wenn sie mögen...”, jetzt war es an Hanna, einen Hauch röter zu werden im runden Gesicht, “ich würd mich freuen, wenn sie heut abend mit mir zum Essen gehen...”.